Ist Eifersucht ein Zeichen von Liebe?

Wir haben bei Sexualberaterin Doris Kaiser nachgefragt.

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Wir alle kennen das Gefühl der Eifersucht. Bereits Babys zeigen eifersüchtiges Verhalten, ebenso wie Tiere. Für viele Menschen ist Eifersucht ein Zeichen von Liebe. Diese Emotion kann uns zeigen, wie wichtig uns ein geliebter Mensch ist, und Ansporn sein, uns mehr um ihn zu bemühen. Zu viel Eifersucht hingegen ist zerstörerisch für eine Beziehung.

Untersuchungen zeigen, dass es beim Eifersüchtigsein weder beim Geschlecht noch beim Alter signifikante Abweichungen gibt. Was sich jedoch unterscheidet, ist die Reaktion auf die Eifersucht: Während Frauen den Grund meist bei sich selbst suchen („Ich bin nicht mehr attraktiv, darum flirtet er mit anderen“), neigen Männer eher zu Aggression oder gar Gewalt.  

Eifersucht ist eine komplexe Emotion, die nicht zwangsläufig durch das Verhalten des Partners verursacht wird. Vielmehr reflektiert sie eigene Unsicherheit, Selbstzweifel, Besitzansprüche, Verlustangst oder das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Oft sind Erfahrungen in der Kindheit oder in früheren Beziehungen dafür verantwortlich. Eifersucht in den Griff zu bekommen ist daher meist ein längerer Prozess. 

Wie entsteht Eifersucht?

Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Die Evolutionstheorie geht davon aus, dass Männer eher eifersüchtig auf sexuelle Untreue reagieren, weil sie ihre Gene weitergeben möchten. Demnach leiden Frauen eher unter emotionaler Untreue, weil sie die Versorgung des Nachwuchses gefährdet. 

Eine andere Theorie geht von sozialen Prägungen aus. In einer Gesellschaft, in der nach wie vor das Ideal der monogamen Zweierbeziehung vorherrscht, geht mit einem Beziehungsende auch Ansehen verloren. Menschen, die eifersüchtig reagieren, versuchen, das zu verhindern. Beide Ansätze basieren auf einer traditionellen Vorstellung von einer monogamen Partnerschaft mit klarer Rollenverteilung. 

Wann empfinden wir das erste Mal Eifersucht?

Die Entwicklungspsychologin Sybil Hart erforschte diese Emotion jahrelang im Labor und fokussierte sich dabei auf wenige Monate alte Babys. Sie suchte eine Antwort auf die Frage, wann Kinder erstmals Eifersucht entwickeln. Typischerweise ist das dann der Fall, wenn sie ein Geschwisterchen bekommen.

Dass in einer solchen Situation erstmals Eifersucht auftritt, heißt allerdings nicht, dass sie sich erst dann entwickelt. Bereits fünf bis sechs Monate alte Babys können eifersüchtig sein! Bisher hatte man angenommen, dass Kinder erst dann eifersüchtig reagieren, wenn sie sich selbst reflektieren können. Laut Sybil Hart ist Eifersucht bei Kindern eine gesunde Reaktion. Wenn diese fehlt, kann das ein Hinweis auf eine nicht intakte Mutter-Kind-Bindung sein.

Verlustangst spielt bei Eifersucht eine große Rolle. Daher können auch Eltern auf ihre eigenen Kinder eifersüchtig sein. Das ist häufig beim ersten Kind der Fall, weil sich die vertraute Paar-Konstellation ändert. Durch ein Baby kommt etwas dazu, es geht aber auch etwas verloren. 

Was ist Digitale Eifersucht?

Die sozialen Medien haben eine neue Form der Eifersucht hervorgebracht: die digitale Eifersucht. In einer Umfrage mit 5.000 Personen gaben zwölf Prozent der Teilnehmenden an, eifersüchtig zu reagieren, wenn eine nahestehende Person zu viel Zeit am Handy verbringt. Jede dritte Frau und jeder vierte Mann reagieren eifersüchtig, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Partner oder ihre Partnerin einer anderen Person schreibt. Genauso viele empfinden Eifersucht und Misstrauen bei neuen PINs und Passwörtern. Jede zehnte Person hat schon einmal heimlich den Computer oder das Handy durchsucht. In der Gruppe der Studierenden ist es sogar jede vierte Person! Jüngere Menschen kennen diese Art der Eifersucht eher als ältere. Je länger eine Beziehung andauert, desto weniger kommt digitale Eifersucht vor. 

Ist eifersucht Gesund oder Krankhaft?

Wie viel Eifersucht ist förderlich für Beziehungen und wo verläuft die Grenze, ab der Eifersucht ungesund wird? Von krankhafter Eifersucht spricht man dann, wenn die eigene Lebensqualität beeinträchtigt ist, wenn die eifersüchtige Person zum Beispiel ihre sozialen Kontakte vernachlässigt oder sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren kann oder wenn sie die Lebensqualität ihrer Partnerin oder ihres Partners durch ständiges Misstrauen, zwanghafte Kontrolle und/oder Wutausbrüche beeinträchtigt. 

Wie mit Eifersucht umgehen?

Wir alle können Eifersucht verspüren, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Die Frage ist vor allem: Wie gehe ich damit um? Wenn Sie eifersüchtig reagieren, machen Sie sich Folgendes bewusst: Eifersucht hat viel mehr mit Ihnen als mit Ihrem Partner zu tun! Stellen Sie sich folgende Fragen: In welchen Situationen bin ich eifersüchtig? Was befürchte ich? Was brauche ich in solchen Momenten? Seien Sie ehrlich zu sich selbst und zu Ihrem Partner. Sprechen Sie über Ihre Gefühle in der ICH-Form und ohne Vorwürfe („Es verletzt mich, wenn du anderen Frauen nachschaust, weil ich dann das Gefühl habe, nicht attraktiv für dich zu sein.“).

Wenn Sie unter Ihrer eigenen Eifersucht oder der Ihres Partners leiden, nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch! Ich bin gerne für Sie da. 

www.doriskaiser.com

Text: Doris Kaiser

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