Events | 08.09.2020
Im Sommer genossen
Sommerspiele Melk. Corona reichte dem Universum offenbar nicht, zur ersten Premiere der Sommerspiele Melk („Das Salzburger große Welttheater“) brauten sich bedrohliche Wolken über den Köpfen zusammen, Intendant Alexander Hauer musste das applaudierende Publikum bitten, prompt nach der Vorstellung das Gelände zu verlassen. Dennoch war es ein fulminantes Opening des sogenannten „Xperiment. Pandemic Edition“: Sechs Regisseurinnen und Regisseure inszenierten sechs Werke – für zwölf Abende. Die Kreativen und das Organisationsteam leisteten dabei Unfassbares: Jeweils von Montag bis Freitag wurde geprobt, jeden Freitag Abend feierte ein neues Stück Premiere. „Es war ein Wagnis, doch ich bin sehr glücklich, dass uns das ,Xperiment‘ gelungen ist. Die Resonanz war überwältigend“, sagte Wiebke Leithner, Geschäftsführerin der Wachau Kultur Melk. Regie führten Alexander Hauer, Sebastian Klinser, Helena Scheuba, Andreas Stockinger im Duo mit Ursula Leitner und Lukas Wachernig.
Perchtoldsdorf. Selten sind sich Kritikerinnen und Kritiker so einig, wie sie es bei dieser Produktion waren: Veronika Glatzner inszenierte ein von Dramaturgin Angelika Messner neu übersetztes „Romeo & Julia“ mit Poesie, viel feinem Witz und gleichzeitig viel Kraft. Überdimensionale Vorhänge sorgten vor der Burg Perchtoldsdorf für eine eindrucksvolle Dynamik auf der Bühne, das Ensemble war ausnahmslos überzeugend: Das Paar gaben Lena Kalisch und Valentin Postlmayr im glaubwürdig tollpatschigen, jugendlichen Liebesrausch, Marie-Christine Friedrich war eine gutherzig resche Amme und gespenstisch geniale Fürstin, Emanuel Fellmer dürfte Tausende Kalorien mit seiner überzeugend rastlosen Mercutio-Performance verbrannt haben, um nur einige zu nennen. Intendant Michael Sturminger – er inszenierte heuer den „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen – war sichtlich selbst begeistert. Das nach dem Lockdown nach Kultur ausgehungerte Publikum trotzte übrigens in der Premierennacht im August teilweise in Strickmützen der Kälte von bis zu 16 Grad Celsius.
Wiener Neustadt. Wenngleich das Festival (für uns: leider) justament mit dem Drucktermin unserer September-NIEDERÖSTERREICHERIN zusammenfiel, so war schon die Präsentation des Programms von „Netzhaut Ton Film Festival“ Anfang des Sommers ein Genuss. Zu einem Zeitpunkt, als das Kulturleben erst zaghaft zurückkehrte, schmetterten „Die Strottern“ ein mitreißendes Lied mit dem Refrain „Olle schaun“ ins Publikum, zu dem auch Gastgeber und Wiener Neustadts Bürgermeister Klaus Schneeberger (rechts im Bild) zählte. „Die Strottern“ folgten der Einladung des Intendantenpaars Katharina Stemberger und Fabian Eder, den musikalischen Reigen des neuen Festivals zu programmieren.
Sie luden dazu etwa das famose Filmmusikorchester „Velvet Elevator“ ein und organisierten sogenannte „Walking Concerts“, bei denen das Publikum – mit Kopfhörern ausgestattet – Livemusik spazierend durch die Stadt erlebt. Herzstück des Festivals waren sogenannte „Doublefeatures“, bei denen Spiel- und Dokumentarfilme zu unterschiedlichen Themen einander gegenüber gestellt wurden; hierzu wurden auch Podiumsdiskussionen organisiert. Einen weiteren Fokus richtete man auf den Nachwuchs; Juwelen von Filmhochschulen aus dem In- und Ausland sollten präsentiert und durch eine hochkarätig besetzte Jury prämiert werden.
Die Ausgezeichneten sowie einen schönen Rückblick in Fotos findet Ihr unter www.netzhaut-ton-film-festival.at
Litschau. Schon das „hin & weg“-Festivalprogramm selbst, das die Handschrift von Zeno Stanek trägt, klang fulminant. Dann gesellte sich auch noch die junge Theatergruppe „kollekTief“ mit einem Projekt hinzu, das selbst die internationale Presse an den idyllischen Herrensee lockte: Alina Schaller, AntoN Widauer, Anna Marboe, Felix Kammerer und Tilman Tupy ließen sich für 14 Tage in fünf Container „sperren“ (Bild oben) – freilich als künstlerische Auseinandersetzung mit Corona, Distanz und Quarantäne. Wie in einem Schaufenster konnten sie in ihren Boxen täglich 24 Stunden beobachtet werden, sie waren via Tonanlage miteinander verbunden, luden täglich zu Performances mit bewegenden Texten und Liedern. Ein Tag bei „hin & weg“ verging wie im Flug; außerdem mitreißend bei unserem Besuch waren Lisa Fartner in „Effi Briest“ (Bild rechts), Julia Posch, Leonie Berner und Joshua Bader mit „Du Teufel“ und die Singer-Songwriterin Natalie Ofenböck.