Lifestyle | 21.05.2018
Nervenkitzel in New York
Wo bitte ist meine Gefahrenzulage? Nun gut, ich habe mich freiwillig in die Höhle des Löwen begeben. Pardon, der Löwinnen. Während ich versuche das Interview zu führen, fliegen die Bälle mit unglaublichem Karacho durch die Gegend.
Rotwangige Frauen jagen durch die Halle, sie springen aus dem Stand in gigantische Höhen, um nicht getroffen zu werden. Es gilt abzuwerfen und nicht getroffen zu werden. So ähnlich wie beim Völkerball. Aber eben nicht ganz. Das Regelwerk ist ganz schön komplex. Was jedoch am meisten fasziniert: Die sichtbare Freude, die Leidenschaft, mit der die Sportlerinnen ihren Dodgeball Nicht-Insidern näher bringen wollen.
Es ist eine Herzenssache: Damit sich das Österreichische Nationalteam (Damen/Herren/Mixed) die Reise zur Weltmeisterschaft nach New York leisten kann, wurde kürzlich ein Crowdfunding-Projekt initiiert. Jeder kann dazu beitragen, den Traum in Gold im Madison Square Garden wahr werden zu lassen. Ein gutes Argument vorweg: Im offiziellen Europäischen Dodgeball-Ranking wird Österreich bei den Damen als Nummer 1 geführt, bei den Herren auf Platz 3.
Newcomer. Noch vor ein paar Jahren war die Sportart in unseren Breitengraden eine große Unbekannte. Bis der Streifen „Dodgeball – Voll auf die Nüsse“ mit Ben Stiller die Neugier weckte. „Ich komme aus dem Handballsport; der Film hat mich inspiriert. Ich wollte das unbedingt versuchen“, sagt Nicola Studeny aus Baden. Die Marketing- und Event-Expertin war es, die mit einem guten Freund – Daniel Malik – in Österreich den Weg für die Sportart ebnete. Ein erstes Testspiel wurde zum vollen Erfolg, schon beim zweiten Event waren rund 500 (!) Teilnehmer dabei. So ging es steil bergauf, bis eine ambitionierte Gruppe den Österreichischen Dodgeball Verband aus der Taufe hob und 2013 die Europameisterschaft in Chester unsicher machte. Die EM danach holten Nicola Studeny und Daniel Malik gleich nach Wien – mit großem Erfolg. Fortan wurden regelmäßige Trainings abgehalten; zwei Schienen entwickelten sich: Funevents für jeden und die Professionalisierung mit Vereinen, einer Dodgeball Liga, Pro-Events und Turnieren.
Worum es geht. Was ist nun der Reiz an Dodgeball? „Der Nervenkitzel, die Spannung“, sagen die Sportlerinnen beim Training. „Es geht um Strategien, Taktiken, Spielzüge – Dodgeball vereint Action, Spannung, individuelle Leistung, koordinative Fähigkeit und Teamgeist“, schwärmt Studeny, die kürzlich mit Nicole Kremser auch den Badener Verein „Wolfpack DC“ gründete. Fünf offizielle Vereine gibt es derzeit in Österreich, alle sind in Wien beziehungsweise Niederösterreich zu Hause. „Für uns ist das Leistungssport geworden“, sagt Nicole Kremser, im Brötchen-Beruf Physiotherapeutin. „Unser Dodgeball ist zeitintensiv; verdienen tun wir nichts damit, es kostet uns eher etwas – und trotzdem lieben wir es“, ergänzt Kollegin Anna-Maria Pollany mit einem Augenzwinkern. Sie ist hauptberuflich Angestellte beim Österreichischen Olympischen Comité, unter dessen Schirmherrschaft das Crowdfunding-Projekt „I Believe in You“ steht. Damit soll die hoffnungsvolle Reise zur WM in New York unterstützt werden. Spender erhalten im Gegenzug Geschenke: vom Dodgeball-Kalender bis hin zum signierten WM-Ball.
Wenngleich man ein paar engagierte Sponsoren hinter sich hat, finanzieller Rückenwind wird dringend gebraucht. Den Enthusiasmus von Spielerin und Damenteam-Trainerin Nicole Kremser bremst das nicht: „Es gibt viele Profisportler, die einen Job haben, um sich den Sport leisten zu können. Ja, auch für die WM in New York spare ich das ganze Jahr und werde mir Urlaub nehmen müssen, aber darüber denke ich nicht einmal nach.“
Mentalen Support erfahren die Dodgeballerinnen von einer schnell wachsenden Fangemeinde. Selbst in Schulen ist der Verband unterwegs, um Kids die Trendsportart näher zu bringen. „Und dass Jugend nachkommt, ist unsere große Hoffnung“, sagt Kremser.
Info & Crowdfunding:
www.dodgeball.at
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