Ein bisschen bi ...

Nur weil Sie die Vorstellung erotisch finden, mit einer Frau intim zu werden, heißt das nicht, dass Sie bisexuell oder lesbisch sind. Viele Frauen, die sich als heterosexuell bezeichnen, sind neugierig auf diese Form der Sexualität. Angeblich hat beinahe jede zweite Frau schon einmal darüber nachgedacht, wie es wäre, mit einer anderen Frau Sex zu haben. 

Frauen stellen sich lesbischen Sex oft zärtlicher und einfühlsamer vor als mit Männern. Auch liegt die Vermutung nahe, dass Frauen genau wüssten, was Frauen beim Sex gerne mögen. Doch egal zwischen wem Sex stattfindet – Menschen sind individuell sehr verschieden, und genauso unterschiedlich sind ihre Wünsche, Bedürfnisse und Fantasien. Die eine mag es sanft, die andere wild. Die eine steht auf Penetration mit Sexspielzeug, die andere auf Reibung. Die eine liebt Oralsex, die andere mag lieber Fingerspiele. Nur weil der Sex mit dem gleichen Geschlecht stattfindet, heißt das noch lange nicht, dass auch die Vorlieben ident sind! 

Sex mit beiden Geschlechtern. Möglicherweise stellen Sie fest, dass Sie Sex mit Frauen genauso genießen wie mit Männern. Das kann irritierend sein – umso mehr, wenn Sie weder auf das eine noch auf das andere verzichten wollen. Wer eine Beziehungsform leben möchte, die nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht, ist oft verunsichert und hat viele Fragen. So wie meine Klientin Nina: „Ich habe mit meinem Partner von Anfang an offen über Sex gesprochen. Es hat allerdings ein wenig gedauert, bis ich ihm erzählt habe, dass ich auch auf Frauen stehe. Ich hatte Angst vor seiner Reaktion. Er war zwar überrascht, aber aufgeschlossen. Wir wussten allerdings beide nicht, wie wir damit in unserer Beziehung umgehen sollten. Im Rahmen einer Paarberatung haben wir gemeinsam einen Weg gefunden, wie ich Sex mit Frauen haben kann, ohne unsere Beziehung zu gefährden. Wir vertrauen uns voll und ganz und reden sehr viel miteinander – anders würde das nicht funktionieren.“ 

Bisexuell - lesbisch oder schwul? Für manche homosexuellen Menschen mag es eine Zeit lang leichter erscheinen, eine gegengeschlechtliche Beziehung zu führen, weil diese ein „normales“ Leben ermöglicht.  Ein Coming-Out ist nach wie vor keine einfache Sache. Doch das gilt ebenso für ein bisexuelles Outing. Sobald jemand nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht, ist sie oder er mit Vorurteilen und Diskriminierung konfrontiert. Deshalb ist Bi-sein weder ein „leichter Ausweg“ noch eine Verleugnung. Sigmund Freud meinte übrigens, dass im Grunde jeder Mensch bisexuell sei, jedoch gesellschaftliche Zwänge häufig zur Unterdrückung des homosexuellen Anteils führten.

Individuelle Sexualität leben. Für manche bisexuelle Menschen geht es hauptsächlich um den erotischen Aspekt, wie bei Nina. Andere können sich sowohl in Männer als auch in Frauen verlieben und mit beiden Geschlechtern sowohl Sex haben als auch Beziehungen leben. Ich kenne Frauen, die viele Jahre verheiratet waren, Kinder haben und nach der Scheidung mit einer Frau zusammen sind. Sexualität ist lebendig! Doch das ist oft verwirrend für das Umfeld. Ist sie nun hetero, homo oder bi? Die soll sich mal entscheiden! Nina meint dazu: „Ob ich bisexuell bin? Keine Ahnung. Ich lasse mich nicht gern in eine Schublade stecken. Viel wichtiger ist mir, dass ich meine individuelle Sexualität leben kann und so sein darf, wie ich bin.“ 

Nina und ihr Partner haben das mit Hilfe einer Sexualberatung geschafft. Wenn Sie in einer ähnlichen Situation sind oder Sie unter einem sexuellen Problem leiden, nehmen Sie lieber früher als später professionelle Hilfe in Anspruch!