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People | 13.09.2016

Lasst euch Überraschen!

Die neue Pathologin in der Erfolgsserie SOKO Kitzbühel kommt aus St. Pölten: Veronika Polly. Ein Mutter-Tochter-Interview. Herzerfrischend.

Als wir die ORF-Aussendung erhielten, dass die Rolle der Gerichtsmedizinerin in „SOKO Kitzbühel“ mit einer Niederösterreicherin besetzt wurde, baten wir die Vollblutschauspielerin gleich zum Interview. Bereits im ersten Telefo-nat hatte man das Gefühl, sie längst zu kennen. „Wir treffen einander in der ‚Seedose’ am Ufer des Viehofner Sees“, sagte sie freudig zu. Später, bereits am Weg zum Gasthaus, ein Anruf von Frau Polly: „Da brennt ein Auto, es gibt Stau – ich hab da eine andere Adresse, bis gleich – in zehn Minuten.“ Eine Szene, die Veronika Polly gut charakterisiert: kein Zögern, flexibel umdenken, neu organisieren, und dabei immer fröhlich und verbindlich bleiben. 

Auch ein Foto-Shooting war ausgemacht, was ja manche ihrer Kolleginnen zu Höchstleistungen im Kleidersack-Jonglieren anspornt – nicht so unsere Hauptperson, sie hatte ganz unkompliziert Jacke, Bluse und zwei Schals in der Sporttasche – und ihre bezaubernde elfjährige Tochter Rosa mit, die uns gleich stolz ihre wunderschön geflochtenen Haare zeigt. Ein eingespieltes Team sind die beiden, leben sie doch in einer Mutter-Tochter-WG, die vom einzigen „Mann im Haus“, Kater „Fauli“, testosteronbe-stückt wird. Gleich nach der ersten Einstellung beginnt es zu regnen. „Ich bin ja nicht aus Zucker“, meint sie, fährt sich durch den lässigen Kurzhaarschnitt und schwingt sich balancierend auf den Zaun. „Macht‘s schnell, bevor ich das Gleichgewicht verliere“, ruft sie noch, bevor sie vom nassen Holzbalken springt.

 

„Immer lustig ist nicht glaubwürdig.“Veronika Polly

 

Das Spiel im Blut. „Als ich ein Kind war, hatten wir keine große Auswahl an Sendern“, erzählt sie. Und dass sie, wenn sie einen Film anschauen durfte, gleich mitgespielt hat. So sehr drängte alles in ihr nach künstlerischem Ausdruck. Nein, von den Eltern hat sie dieses Talent nicht, aber „väterlicherseits, da gab es einmal eine Schauspielerin in der Familie – über die wurde aber nicht gesprochen“, lacht sie verschmitzt. Dann, nach ihrem HLW-Abschluss, arbeitete sie im Büro des Krankenhauses. Ein sicherer Posten – wäre diesem nicht ihr größter Wunsch im Wege gestanden, nämlich einmal mit Elfriede Ott auf der Bühne zu stehen, „denn von ihr kann man sich viel abschauen“. Sie geht ans Konservatorium, studiert bei der Ott, erhält ihr Diplom mit Auszeichnung und spielt bald mit ihrem Idol in Maria Enzersdorf. „Ich liebe diese alten Hadern, wie ‚Die Perle Anna’ oder ‚Keine Leiche ohne Lily’“, gesteht sie und erinnert sich gleichzeitig gerne an eine zweite „Power“-Frau, nämlich Ruth Drexel, die sie noch persönlich kennen lernen durfte. „Sie wollte mich für ‚Die drei Schwestern’ in Bregenz, welche sie dort inszenierte – und dann ist es sich leider doch nicht ausgegangen.“  

Am Theater liebt sie die unmittelbaren Reaktionen des Publikums, während sie sich im Film in der Wiederholbarkeit der Szenen auf der sicheren Seite weiß. Jedenfalls ist sie dort wie da in ihrer Darstellung mit den „Eigenheiten von Personen konfrontiert, die einem vielleicht nicht so liegen – wobei man doch andere Seiten bei sich selbst entdecken kann“. Meist wird sie im TV aber so besetzt, dass diese Rollen ihrer Person sehr nahe sind. Wie es in der Rolle der jungen Kellnerin „Geli“ in der Serie „Mitten im 8ten“ der Fall war, die sie zum Publikumsliebling machte. Geschichten erzählt sie auch im realen Leben gerne, aber sie müssen gut und unterhaltsam sein – ansonsten hört sie lieber zu. Ihre ausgeprägt kabarettistische Seite brachte ihr auch ein Engagement im „Simpl“ ein. „Wenn man einen Grundhumor besitzt, dann erleichtert dies einem gewisse Zeiten im Leben, denn auch mir ist manchmal gar nicht zum Lachen zumute, aber da muss man durch. Immer lustig sein, ist nicht glaubwürdig.“ So erinnert sie sich an die Dreharbeiten zu Friedrich Dürrenmatts Tragik-Komödie „Der Besuch der alten Dame“, ein Film, der beim 15. Shanghai International TV Festival ausgezeichnet wurde, und bei dem sich „die Thematik des Films auch irgendwie auf das Team übertragen hatte“ und der Dreh in der Steiermark fast als bedrückend erlebt wurde. „Ich fühl mich also sehr wohl, da, wo ich bin, eher im Komödiantischen – und das darf man nicht unterschätzen, denn man muss es ernsthaft spielen.“

Das Spiel mit Blut. Nun also löst Veronika Polly in der 16. Staffel der SOKO Kitzbühel Christine Klein ab und übernimmt die Rolle der Pathologin. Blutüberströmte Leichen, Hexenjagd und Liebespaar-Mörder stehen am Programm. Ein Metier, das ihr auch privat liegen würde? „Nein, Hilfe! Mich persönlich würde grausen – diesen Job möchte ich privat nicht, bitte nicht!“, wehrt sie ab und zeigt sich sensibel. „Im Moment komme ich wegen meiner Drehs in Kitzbühel gar nicht zum Lesen, und das ist gut so, denn mich beschäftigt ein Krimi, ein Buch dermaßen, dass ich an nichts anderes mehr denken kann – weil ich mir vorstelle, eine Person des Stückes zu sein. Das beeinflusst mich sehr.“ Auf die Frage, wie schräg sie die Rolle der Gerichtsmedizinerin anlegen wird, darf sie nur verraten: „Lassen Sie sich überraschen …“

Die Freude heißt Rosa. Gleich zu Beginn unseres Gesprächs erfahren wir von Tochter Rosa, dass auch sie Schauspielerin werden möchte, „weil man da alles rauslassen und sich in andere Rollen versetzen kann – und weil die Mama mein Vorbild ist“, versucht sie die Mutter für ihren Berufswunsch zu begeistern. „Schau‘n wir mal“, so die diplomatische Antwort. „Natürlich wäre mir etwas anderes lieber, aber das Wichtigste ist, dass es Rosa gut geht. Und, ich weiß, sie wird sich – wie auch ich – nicht davon abhalten lassen.“ Zu gut kennt Veronika Polly die Schattenseiten des Schauspielerlebens, vor allem als alleinerziehende Mutter. „Es ist durchaus auch ein finanzielles Problem, besonders wenn kein Serien-Engagement am Programm steht, und ein logistisches, wenn man sechs Tage in der Woche am Abend in Wien auf der Bühne steht. Gott sei Dank habe ich mit meiner Familie und im Freundeskreis ein gutes soziales Netz. Meine Reisen nach Kitzbühel sind somit super beherrschbar.“ Jedenfalls hat Rosa ihr Talent bereits unter Beweis gestellt, denn wenn ihre Freundinnen bei ihr übernachten dürfen, dann überlegt sie sich eine Geschichte und erzählt …

Lasst euch Überraschen!

Wünsche an die Zukunft. „Meinen Beruf ausleben dürfen, bescheiden bleiben, aber so viel verdienen, dass wir uns auch ein bisserl etwas vergönnen können.“ Am Wunschzettel steht ein neues Auto – und vielleicht irgendwann einmal eine kleine Wohnung kaufen zu können. „Eigentlich sind es Grundbedürfnisse, denn wir wissen nicht, wie es einmal mit unserer Pension ausschauen wird.“ Und ansonsten wünscht sich die 42-Jährige, „dass die Regierungen die Augen aufmachen, denn wir müssen diesen Planeten an die nächsten Generationen übergeben, da braucht es Weitblick in Politik und Umwelt. Jene, die sich schwer damit tun, vorausblickend zu entscheiden, denen rate ich, ein Geschichtsbuch aufzuschlagen“, sagt Veronika Polly und schließt unser Gespräch mit positiven Gedanken ab, denn sie schwärmt von ihrer Heimat Niederösterreich, der Wachau, den Bergen, dem Sommerurlaub in einem kleinen Häuschen in Kogelsbach am Lunzersee – und der NÖ-Card. „Denn mit der kommen wir überall hin“, sagt sie – und lacht.