Loading…
Du befindest dich hier: Home | People

People | 20.10.2020

Mein erstes Wort war Blume!

Mutter Natur beschenkt uns reich, indem sie gegen nahezu alles ein Kräutlein wachsen lässt. Damit dieser heilende Schatz nicht verloren geht, widmet sich die beliebte Ärztin Christine Reiler in ihrem ersten Buch dem uralten Wissen über bewährte Hausmittel. Die Rezepte für Tees, Salben, Tinkturen und Co. spickt sie mit praktischen Tipps und herzerwärmenden Anekdoten. Von der Kräuter-Pirsch zum Hausmittel-Granada ...

Bild 2010_N_ChristineReiler-5.jpg
(© Harald Eisenberger)

Von der Baby-Akne bis zur Neurodermitis, vom Muskelkater bis zum Rheuma, von der Appetitlosigkeit zum Reizdarm, von der Schlaflosigkeit zu Stimmungsschwankungen – anhand der häufigsten alltäglichen Beschwerden und Krankheiten erklärt Christine Reiler, welche „Zutaten“ aus der Hausapotheke in Küche und Garten schnell und nachhaltig helfen: vom Saft des Schwarzen Rettichs bis zum Salbei – von Essigpatscherl, Topfenwickel und dem „Brennesselschlag“ bis zum Badezusatz ...


NIEDERÖSTERREICHERIN: Christine, was war dein Antrieb, ein Buch über Hausmittel zu schreiben?
Christine Reiler: Schon im Medizinstudium spürte ich, dass es mehr gibt als nur die reine Schulmedizin. Und so sehr ich diese schätze, habe ich im Laufe meines beruflichen Werdegangs immer wieder erlebt, dass Hausmittel und pflanzliche Rezepte gut geholfen haben und als Alternative oder zusätzliches Heilmittel von den Patienten sehr gut akzeptiert wurden. Der Wissensschatz der Österreicher ist groß und ich wollte meine Erfahrungen und Rezepte einfach in einem schönen Rahmen zusammenfassen und dafür ein Nachschlagewerk erschaffen, das Freude macht.

Dein erstes Wort war „Blume“. Wann wurde bei dir der Grundstein zur „Kräuterhexe“ gelegt?
Eigentlich genau zu dem Zeitpunkt – in meiner Kindheit. Meine Eltern sind sehr pflanzeninteressiert und haben seit jeher versucht, mir und meinen Brüdern Wissen über die Flora weiterzugeben. Bei mir kam das besser an, aber auch meine Brüder können ein Gänseblümchen von einer Margerite unterscheiden (lacht). Die Kräuterhexe habe ich inzwischen mit Kräuterwanderungen, der Ausbildung zur Phytotherapeutin und Selbststudien ausgebaut.

Ist es nicht ein weiter Weg vom theoretischen Wissen zur praktischen Anwendung, ich meine die Herstellung von Salben, Tinkturen und Co.?
Ich bin ein wissbegieriger Mensch und probiere gerne neue Dinge aus. Also so gesehen, kann ich die Frage verneinen. Einige Rezepte kannte ich schon von meiner Mutter. Und sobald man etwas Grundwissen hat, juckt es einen ja in den Fingern, etwas auch wirklich zu erschaffen. So ging es mir in etwa mit der Herstellung der Fichtenpechsalbe. Wir haben bei unserem Bauernhof auch etwas Wald dabei und ich konnte es kaum erwarten, das Harz abzukratzen. Die Salbe ist übrigens phänomenal geworden und findet breite Anwendung in der gesamten Familie. Derzeit stehen zwei Gefäße mit Beinwell und Kapuzinerkresse auf meinem Fensterbrett ... mal sehen, wie diese Versuche werden.

 

 

AUF KRÄUTER-PIRSCH.
Ihre selbst hergestellten Hausmittel finden auch in der eigenen Familie breite Anwendung.

 

(c) Harald Eisenberger

Heilpflanzen-Rap

Zwiebel und Knoblauch ...
die Alleskönner als Wickel, zum Inhalieren oder als Gewürz!

Chili ...
some like it hot – und das macht gesundheitlich absolut Sinn.

Topfen ...
am besten Magertopfen für einen Wickel nehmen – der nässt nicht so.

Essig ...
sauer macht lustig – und er stoppt die Vermehrung von Bakterien.

Kren ...
die darin enthaltenen Senföle machen Bakterien den Garaus und die Wurzel enthält viel Vitamin C!

Weidenrinde ...
Stichwort Aspirin – enthält den gleichen Wirkstoff wie das Medikament.

Thymian ...
eine meiner Lieblingspflanzen – so vielseitig einsetzbar.

Haferflocken ...
tun dem Magen und der Haut gut.

Erdäpfel ...
ein preiswertes Hausmittel, das jeder daheim hat.

Johanniskraut ...
kann uns in psychisch anspruchsvollen Zeiten gut unterstützen.

Auch deine Mutter war immer eine Verfechterin der Naturheilkunde, so hat es bei euch in Viruszeiten „Hausmittel-Granada“ gespielt. Was ist dir in Erinnerung geblieben?
Vor allem die Essigpatscherl. Der Geruch und diese kalten Tücher – und drüber ein paar alte Socken meiner Mutter. Ich kann nicht behaupten, dass wir begeistert waren, wenn sie uns damit zu Leibe gerückt ist. Diese Abneigung muss sich wohl vererbt haben, denn auch meine Kinder sind mehr als skeptisch, wenn ich damit ankomme. Aber irgendwie fange ich sie dann doch ein (lacht).

Du wendest also die Hausmittel auch bei deinen Kindern an?
Natürlich! Es kommt selbstverständlich immer auf den Erkrankungsgrad drauf an. Als Ärztin bin ich vielleicht entspannter beim ersten Anzeichen einer Verkühlung, aber ich denke, jede Mutter kennt ihr Kind und kann einschätzen, wann es Zeit für Hausmittel ist – und wann die Schulmedizin einsteigen muss.

Wenn jemand nicht über einen eigenen Garten verfügt, sollte er sich auf „Kräuter-Pirsch“ in die wilde Natur begeben. Worauf ist da zu achten?
Generell sollte man sich seiner Sache natürlich sicher sein. Es gibt immer die Gefahr, dass man ein Kraut verwechselt und das kann mitunter schlimme Folgen haben. Das lesen wir doch jedes Jahr in der Zeitung: Bärlauch wurde mit Mai­glöckchen oder Herbstzeitlose verwechselt und es kam zu einer Vergiftung oder im schlimmsten Fall sogar zum Tod. Also wirklich immer nur Pflanzen sammeln, die man eindeutig erkennen kann!

Du schreibst, Hausmittel sind keine Langzeittherapie. Wann ist für jene, die sich mit Leidenschaft der Naturheilkunde bedienen, der Zeitpunkt gekommen, eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen?
Da appelliere ich wirklich an den Hausverstand! Sobald man sich nicht sicher ist, bitte den Hausarzt aufsuchen! Viele Allgemeinmediziner stehen Hausmitteln durchaus positiv gegenüber und eventuell kann man dann nach Rücksprache mit dem Arzt die Schulmedizin mit Wickeln, Kräutern und Co. unterstützen. Wenn sich die Symptome unter der Eigentherapie nicht bessern, dann bitte nicht ewig selber herumdoktern.

Wir stehen vor einer Jahreszeit, die uns Infekte, Grippe und auch das Corona­virus bringen wird. Wie können wir jetzt mit Mitteln aus der Naturheilkunde unser Immunsystem stärken?
Es gibt einige Pflanzen, die erwiesenermaßen stärkend auf das Immunsystem wirken. Da gehört etwa die Echina­cea – auch bekannt unter Sonnenhut – dazu. Diese wunderschöne Pflanze wird übrigens auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin geschätzt. Auch der Thymian hat eine antimikrobielle Wirkung und wird vor allem bei Erkrankungen der Atemwege eingesetzt – als Tee einfach anwendbar. Ich bin außerdem ein Fan der klassischen Hühnersuppe. Die darin enthaltenen Wirkstoffe blockieren unter anderem die neutrophilen Blutkörperchen, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind. Noch ein wenig Chili und Knoblauch dazu und das Immunsystem wird gestärkt. Und so eine Suppe schmeckt auch noch gut!

 

 

 

GENERATIONEN ERPROBT.
Viele Symptome lassen sich beruhigt mit Mittelchen aus Omas Schatzkiste behandeln.

 

(c) Harald Eisenberger

Ärztin aus Leidenschaft

Christine Reiler ist gemeinsam mit ihrem jüngeren Zwillingsbruder-­Pärchen sehr naturverbunden in einer Mödlinger Arztfamilie aufgewachsen. 2007, im zweiten Abschnitt ihres Medizinstudiums, wurde sie zur Miss Austria gekürt. Es folgte eine Karriere als gefragtes Model und Testimonial. Im ORF erlangte die Allgemeinmedizinerin mit ihrer Sendung „Gesund und munter mit Dr. Reiler“  große Bekanntheit, seit 2018 moderiert sie die Gesundheitssendung „Bewusst gesund“ und wurde damit zum absoluten Publikumsliebling. Mit ihrer Familie bewohnt sie einen Hof mitten in den Bergen, ein Eldorado für die Naturliebhaberin. Die Mutter eines Sohnes (3) und einer Tochter (1) weiß aber auch, wie heilsam bei jedem Wehwehchen ein liebevolles Kümmern und Umsorgen ist.

Unser Tipp!

Meine besten Hausmittel
aus Küche und Garten
Dr. med. Christine Reiler
Kneipp Verlag Wien, € 25