People | 28.12.2020
Sucht das Eierlikör-Rezept!
Rund 70 Konzerte spielten „Marina & the Kats“ zuletzt jährlich im Schnitt. Als der erste Lockdown am vielzitierten 13. März 2020 drohte, war die Band in Richtung Schweiz unterwegs. Was seither alles passierte, wie sie ein bisserl neues Glück mit ihrem „Foodporn“ fanden, erzählen die Frontpersonen Marina Zettl und Thomas Mauerhofer im Interview. Komplett ist die Band mit Peter Schönbauer aus Tulln und Harald Baumgartner aus Vöcklabruck.
NIEDERÖSTERREICHERIN: Euer neuester Song heißt „Quiet“, kommt aber schön opulent mit Streichern daher und gibt viel positive Energie. Der Titel wird wohl kein Zufall sein?
Marina Zettl: Wir haben das Lied in den vergangenen Monaten fertiggestellt, aber die Idee gab es schon vor März, als wir noch nicht wussten, dass eine ruhige Zeit kommt …
Thomas Mauerhofer: Mich fasziniert an guten Musikstücken, wenn der Text eine Spur offener ist, sodass jeder etwas anderes mitnimmt. Mit „Quiet“ verbindet man schnell die aktuelle Situation, aber die ursprüngliche Idee war eine andere. Ich hab‘ mich mal in der Früh zum Schreiben hingesetzt und überlegt: Man hat das Vertrauen, dass einem meistens was einfällt, aber woher kommt die Kreativität? Und was ist, wenn nix mehr kommt? Dann ist es still. Der Gedanke war ein beklemmender, im Tun ist es was Schöneres geworden.
Ihr habt drei Alben herausgebracht, arbeitet am vierten, das 2021 kommen soll. Wie beschreibt ihr selbst eure Entwicklung?
Thomas: Es ist ein bisserl ernster geworden über die Jahre, auch in den Texten. Wir nennen unsere Musik Neo-Swing, sie fußt in der Musik der 1930er- und 1940er-Jahre, aber es sind unsere eigenen Lieder. Wir versuchen mit jedem Album, einen neuen Blickwinkel auf unsere Musik reinzubringen.
Marina: Ein „Fly Me To The Moon“ ist super, aber es war nie unsere Intention, Klassiker zu spielen. Wir haben zu dritt sehr minimalistisch begonnen – unser erstes Album hieß „Small“ – und sind immer weiter gewachsen. Wir sind erwachsen geworden und besinnen uns weiter darauf, eigenständige Sachen zu machen.
Die 1930er und 1940er dienen als Inspiration. Wieso diese Zeit?
Marina: Aus Liebe zu der Ästhetik. Thomas und ich haben uns so auf der Uni in Graz kennengelernt: Als wir uns in diese Musik vertieft haben. Ich bin damit das erste Mal in Berührung gekommen, weil mein Vater das gehört hat; ich hab‘ mich auf diese Musik eingeschossen, weil sie zeitlos und schön ist. Was mich fasziniert: Sie spricht Jung und Alt an.
Thomas: Diese Zeit war in vielen Bereichen elegant: in der Musik, in der Mode, im ganzen Lebensstil.
Marina: Noch immer! Die jungen Mädels ziehen sich heute noch gerne so an, weil sich damals die Frau quasi auch durch die Mode zu emanzipieren begonnen hat: durch Hosen und ein maskulines Auftreten.
Wie habt ihr den Beinamen „the world‘s smallest bigband“ bekommen?
Marina: In der Swing-Musik gibt es einige Elemente, um die man nicht herumkommt. Wir waren aber zu Beginn nur drei Leute, wie sollten wir das machen? Ich war ja „nur“ Sängerin …
Du hast Jazzgesang studiert?
Marina: … und klassisches Klavier, aber das war hier nicht gefragt. So haben wir aus der Not heraus die Instrumente so aufgeteilt, dass jeder mindestens zwei Sachen macht. Es gibt keine andere Band, die wir kennen, die das Schlagzeug auf drei Leute aufteilt. Aber so hat sich auch ein ganz anderes Aufeinanderhören und -wirken ergeben. Ein Journalist nannte uns dann „the world‘s smallest bigband“, weil er sagte, dass wir so klingen, als wären wir viel mehr Leute – ein richtig schönes Kompliment. Es ist unser Markenzeichen geworden.
Da werden sogar die Lippen zum Instrument, wie etwa bei „Dirty“ …
Marina: Ah, die Trompeten! Das war mal zum Spaß, aber es funktioniert gut.
Corona trifft die Kultur mit voller Wucht. Wie war und ist das für euch?
Thomas: Der erste Lockdown war drastisch. Wir sollten am 13. März in der Schweiz, am 14. und 15. in Deutschland spielen. Wir sind um acht Uhr in der Früh los, waren schon fast in der Schweiz und mussten umkehren. Da war‘s zunächst komplett aus mit den Konzerten.
Tatsächlich habt ihr zuletzt jährlich rund 70 Konzerte gehabt …
Marina: Wir haben uns international gut etabliert. 2020 hat super angefangen. Wir waren in Israel und Deutschland und sollten auf vielen Festivals spielen; auch die Amadeus-Awards-Nominierung war super. Wir haben gesagt, 2020 …
Thomas: … wird unser Jahr, yeah!
Marina: Dann ist alles eingebrochen. Unser Tontechniker hatte sich gerade selbstständig gemacht, er hat überlegt, ob er den Beruf wechseln soll, und ich habe in 15 Jahren das erste Mal zu zweifeln begonnen. Aber ich habe mich gesammelt und gesehen: auch andere kämpfen. Jetzt muss man sich gegenseitig supporten und sich auf Sachen konzentrieren, die gut sind.
Thomas: Wir waren relativ schnell wieder dabei und haben begonnen, Pläne zu schmieden, unser Merchandising zu überarbeiten und etwas später ist auch das Musikschreiben wieder gegangen.
Marina: Im Nachhinein betrachtet war die Zwangspause für mich ganz gut; ich war richtig erschöpft. Wenn man Erfolg hat, geht alles so schnell. Ich habe die Zeit genutzt, um alles ein bisserl neu zu beleuchten. Und dann haben wir angefangen, uns gegenseitig mit Rezepten aufzumuntern. Wir haben gepostet: „Schaut‘s, wir essen was Gutes, lassen es uns gut gehen.“ Wie auch viele andere haben auch wir versucht, in dieser beängstigenden Situation die Basics zu sehen: dass man sich um sich selbst und umeinander kümmert, sich Gutes tut.
Aus der digitalen Rezepte-Börse ist dann das brandneue Kochbuch entstanden! Was ist „Foodporn“?
Thomas: Es ist ein sehr persönliches Kochbuch. Es beginnt mit Shakshuka, einem Rezept, das wir im Tourbus in Israel bekommen haben; wir haben von vielen Reisen was mitgenommen. Der Vater unseres Tontechnikers Sammy kommt aus Ghana, von ihm kommt das Rezept zu „Ghana Stew“, Peter (Schönbauer, Anm.) ist Halb-Schwede und steuert was Schwedisches bei. Jeder bringt seine Einflüsse ein, die er auch in die Musik einbringt.
Marina: Da ist für jeden etwas drinnen: Von Thomas und Sammy kommen eher die anspruchsvolleren Rezepte, bei Harry (Baumgartner, Anm.) gibt‘s immer extrem gesund oder extrem süß und von mir sind die schnellen Sachen drinnen.
Integriert habt ihr auch tolle Fotos und Anekdoten. Verratet ihr uns eine?
Thomas: Als ich ein Kind war, habe ich von meiner Oma immer Eierlikör bekommen. Das würde man jetzt wohl als nicht ganz korrekt betrachten, aber ich bin immer sehr selig von ihr nach Hause (lacht). Darum wollte ich unbedingt ein Eierlikör-Rezept drinnen haben; eine gute Freundin hat uns ihres gegeben. Wir haben das Buch gefühlte hundert Mal gelesen, dann kommt es aus dem Druck, schaut großartig aus und ich gebe es der Freundin. Wenig später ruft sie mich an und fragt: „Wo ist das Eierlikör-Rezept?“ Ich sage: „Im Buch.“ – „Eben nicht.“ Die Zutaten sind drinnen, das Foto auch, aber das Rezept fehlt. Das ist niemandem aufgefallen. Jetzt gibt es ein Lesezeichen dazu: mit Omas verlorenem Eierlikör-Rezept (lacht).
Eine Draufgabe gibt‘s außerdem …
Marina: Sonst gibt‘s immer Wein-, wir geben Musikempfehlungen zu jedem Rezept. Wenn man sich was Schönes kocht und es sich gut gehen lassen möchte, kann man dazu gute Musik auflegen. Gerade für den Eierlikör: Ich kann mir Thomas und seine Geschwister gut vorstellen, wie sie mit roten Bäckchen nach Hause tapsen (lacht). Da passt „Kat‘s Dance“ gut dazu.
Shakshuka
Zutaten für 2 Portionen
• 4 Eier
• 4 große Tomaten oder 1 Dose gehackte Tomaten
• 1 Knoblauchzehe
• 1 Paprika rot
• 2 EL Tomatenmark
• Kreuzkümmel
• Paprikapulver edelsüß
• Salz & Pfeffer
• Koriandergrün oder Petersilie zum Dekorieren
Zubereitung
Paprika und Knoblauch klein schneiden und unter Rühren kurz anbraten. Dann die Tomaten sowie das Tomatenmark zugeben und mit Kreuzkümmel, Paprikapulver, Pfeffer und Salz würzen. Das ganze zehn Minuten köcheln lassen. Mit einem Löffel vier kleine Mulden machen und jeweils ein Ei hineinschlagen. Mit Deckel noch ca. vier bis fünf Minuten köcheln lassen, sodass die Eier innen noch etwas flüssig bleiben. Die Pfanne sollte nicht zu groß sein, damit die Soße hoch genug steht und die Eier gut umschließt. Mit Koriandergrün oder Petersilie servieren.