People | 25.03.2022
Einmal aus & zurück
Cornelia Schäfer (53) aus Enzersdorf an der Fischa arbeitet im Immobilienmanagement der Flughafen Wien AG, bekommt Zwillinge und gründet gemeinsam mit ihrem Mann die C&W Creative Werbung GmbH. Alles erfolgreich und zeitgleich, weil Frau stark und belastbar ist – bis im Jahr 2005 plötzlich nichts mehr geht. Diagnose: Burn-out – letztes Stadium. Zurückgebeamt ins Nichts – für 18 Monate. Ein Zustand, über den viele Betroffene den Mantel des Schweigens breiten.
Nicht so Cornelia Schäfer. Sie geht in Therapie, drückt ihren Lebensknopf auf Reset – und erschafft sich neu. Heute ist sie Dipl. Burn-out-Prophylaxe-Trainerin sowie Mentaltrainerin zur Potenzialentfaltung und befindet sich derzeit in der Ausbildung zur Lebens- und Sozialberaterin. Eine Art von Selbstermächtigung, die nicht viele schaffen. Was sie antreibt? „Ich liebe es, Ermöglicherin zu sein. Ich liebe es, gemeinsam mit anderen Menschen deren Edelsteine und Geschenke, die sie in sich tragen, zu bergen und zur Entfaltung zu bringen“, sagt sie.
NIEDERÖSTERREICHERIN: Frau Schäfer, was waren die ersten Anzeichen Ihres Burn-outs?
Cornelia Schäfer: So unglaublich es klingen mag: Ich habe keine wahrgenommen. Ich war derart darauf konditioniert, meine Aufgaben zu erfüllen, dass ich kaum etwas bemerkt hatte. Wach geworden bin ich, als ich liegen blieb und mit der Erstdiagnose „Herzinfarkt“ im Krankenhaus landete. Eine Diagnose, die sich dann in „Burn-out, letzte Stufe, absolute Erschöpfung“ verwandelte.
Woher hatten Sie die Kraft genommen, „zurück ins Leben“ zu finden?
Meine Lebensphilosophie, dass sich hinter jeder Erfahrung eine Ursache bzw. ein „guter Grund“ verbirgt, war mir Fundament und Haltegriff. Ich wollte entdecken, was ich übersehen hatte, was konkret ich verändern konnte, um wieder am Leben teilzunehmen. Liegen zu bleiben, war keine Option. Ich fand wunderbare Therapeuten und Coaches, die mich unterstützten. Ich erlernte auch Meditations- und Entspannungstechniken und übte mich in der Kunst, Körper, Geist und Seele wieder zu nähren.
In der Psychologie gibt es den Begriff des „Healing Act of Writing“. Auch Sie haben während dieser Zeit Tagebuch geschrieben ...
Schreiben ist – wie die Natur – eine wahre Schatzkammer für innere Balance. Worte sind machtvoll. Erst recht in geschriebener Form. Indem wir versuchen, Gedachtes und Gefühltes in Worte zu kleiden, fokussieren wir uns. Indem wir unsere Gedanken aus der Gedankenspirale in unserem Kopf befreien, wir sie dadurch auf Papier bannen, beginnen sie sich wie durch Zauberhand zu ordnen. Wir schreiben nicht für fremde Augen. Wir schreiben für unser eigenes Herz. Dieser Prozess klärt, entlastet und reinigt das innere Chaos.
In einer Lesung aus Ihren Tagebüchern fiel mir der Satz „Perfektion erschafft Erschöpfung“ auf. Was meinen Sie damit?
Perfektion per se ist nichts Schlechtes. Nicht nur von einer Ärztin erwarten, dass sie ihr Bestmögliches einbringt. Ein Mensch, der zu einem Burn-out neigt, hat jedoch die Tendenz, dass er von sich – in nahezu jeder Hinsicht – Perfektion verlangt. Ein Unterfangen, das enormen Druck und Stress verursacht. Dem liegen zumeist innere Antreiber, Überzeugungen und Glaubenssätze zugrunde, die potenziell belastend und stressverschärfend sind. So laufen wir bis zur Erschöpfung Pseudo-Werten hinterher, wie der berühmte Esel der Karotte – Erreichen unmöglich.
2009 haben Sie den Band „Für dich – Herzensgedichte“ veröffentlicht. Ist diese Ästhetik der Worte auch ein Pflaster für die Seele?
Freudvolle Beschäftigungen sind Nahrung für die Seele – ganz besonders, wenn sie durch äußere oder innere Täler wandert. Gerade dann den Blick zu heben, sich für etwas zu öffnen, das Freude und Energie schenkt, ist essenziell. Selbstfürsorge ist das Gebot der Stunde. Ich liebe Worte. Und sie in der verdichteten Form auf den Punkt zu bringen wie bei einem Gedicht, ist für mich persönlich Inspiration und eine Form von Glück. Eines meiner Gedichte wurde von einer Ärztin in Norddeutschland für ein Projekt zur Burn-out-Therapie verwendet: „perfekt / willst du sein / perfekt - um jeden preis / schade / gerade / deine ecken und kanten / machen dich / so rund / und / liebenswert“.
Sie scheuen es nicht, mit Ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit zu gehen, waren u.a. auch Gast in der ORF-Sendung Vera ...
Als mein Leben 2005 in tausend Stücke zerbrach und ich keine Ahnung hatte, wie ich an diesen Punkt gekommen war, hätte ich gerne jemanden gekannt, der mich in all die kleinen und großen Weisheiten der Lebensbalance eingeweiht hätte. Der Weg aus einem Burn-out ist kein Sonntagsspaziergang. Solange wir jedoch noch VOR diesem kompletten Zusammenbruch stehen, sind es oft nur kleine Korrekturen in der Lebensführung, die den entscheidenden Unterschied machen. Besonders wir Frauen, die wir darauf getrimmt sind, viele Lebensbereiche zu jonglieren, dürfen wieder bewusst erkennen, dass wir selbst unser wertvollstes Gut sind. Deshalb teile ich meine Erkenntnisse mit den Menschen.
Wie können Sie heute als Dipl. Burn-out-Prophylaxe-Trainerin die für nicht alle sichtbare Spitze des Eisbergs Ihrer Klienten erkennen?
Ich arbeite in der Vorsorge. Menschen kommen zu mir, wenn sie wahrnehmen, dass sie etwas in ihrem Leben ändern und neue Verhaltensweisen trainieren möchten. Mitunter nehmen sie wahr, dass sie sich selbst unter Druck setzen, an Freude verlieren oder sich immer wieder in ähnlichen Problemsituationen wiederfinden. Oft ist es mangelndes Wissen über gesunde Lebensweisen oder glückende Kommunikation – beruflich wie privat. All diese Fähigkeiten trainiere ich mit Menschen.
Wie können Sie Menschen auf ihrem Weg von der „Raupe zum Schmetterling“ unterstützen?
Der Weg beginnt immer mit Achtsamkeit und wächst von der Bewusstwerdung zum Erlernen neuer Fähigkeiten und deren erfolgreichen Implementierung im Alltag. Genau genommen, ist alles im Leben ein Werden und Vergehen. Jede unserer Verhaltensweisen ist erlernt. Oft ist uns jedoch nicht bewusst, dass wir jedes Verhalten auch wieder verlernen bzw. verändern können, indem wir neue Fähigkeiten entwickeln und trainieren. Dabei unterstütze ich Menschen, sodass sich der Schmetterling, der in jedem von uns angelegt ist, freudvoll entfalten kann.
Welchen Tipp haben Sie für Menschen, die bereits spüren, dass Ihr Leben aus der Balance gerät?
Achtsamkeit ist einer der Schlüssel für glückendes Leben. Bewusstes Wahrnehmen der eigenen Grenzen, Gefühle und Bedürfnisse – und dann aktiv werden: Ich empfehle Menschen sich für Trainings, Coachings oder Therapien zu öffnen. Denn wir neigen dazu, beständig unsere altvertraute Suppe zu kochen, stets mit den gleichen Zutaten zu würzen und erwarten gleichzeitig positive Veränderungen. Impulse, Perspektiven-Wechsel und Landkarten-Erweiterung unterstützen enorm, unser Leben freudvoll neu auszurichten.
Cornelia Schäfer ist Filmemacherin, Sprecherin, Moderatorin und Dipl. Mentaltrainerin für Potenzialentfaltung und Freisprechen sowie für Burn-out-Prophylaxe. Außerdem ist sie in der Geschäftsführung des eigenen Familienbetriebes C&W Creative Werbung GmbH, produziert Imagefilme, Künstlerporträts als auch Theaterproduktionen sowie Dokus, u.a. für ORF III und 3sat, und ist dabei auch als Profisprecherin zu hören. In unzähligen Interviews traf sie neben Bundespräsidenten Künstler wie Christoph Waltz, Maximilian Schell, Plácido Domingo und viele andere. Außerdem ist die Autorin auch Präsidentin vom PEN NOE, sowie Mitglied beim Österreichischen Schriftstellerverband und dem PEN AUSTRIA.
Infos zur Person unter www.cornelia-schaefer.at