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People | 03.11.2022

That‘s ROXS!

Es sind abstrakte, konkrete und figurale Werke, denen der Spray-Artist Pascal Gruber (27) aus Waidhofen/Ybbs mit spannenden Farbenspielen Tiefe und Dynamik verleiht. Eine Kunstform, die nicht nur den öffentlichen Raum verschönt – sondern auch Geschichten erzählt.

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(© Pacal Gruber)

Bereits als Kindergartenkind brachte Pascal seine Fantasiewelten mit dem Malstift zu Papier. Diese Freiheit, sich seine eigene Welt zu malen, wurde in den Jugendjahren von dem Wunsch, Profisportler zu werden, abgelöst. Mit vierzehn schaffte er den Schritt in die Fußballakademie, danach die Aufnahme in die 1. Landesliga mit sechs von sieben Tagen am Platz – bis sich die Freude am Ballsport als Lebensmittelpunkt ins Nichts verflüchtigte. Doch da war das Kunstgymnasium, welches er zeitgleich besuchte und in Pascal das Feuer für die Malerei neuerlich entfachte. Bald war das erste Piece an die Wand gesprüht – und „RoxS“ war geboren …

NIEDERÖSTERREICHERIN: Pascal, welcher Teil in dir, dem du mit deiner Kunst Gestalt verleihst, drängt so sehr nach draußen?
Pascal Gruber: Es ist immer sehr schwierig, Gefühle zu erklären. Gerade in einer Zeit, in der es – so finde ich – Mut braucht, zu seinen echten Gefühlen und Stimmungen zu stehen. Bei mir ist es wie ein innerer Drang, meine Gedanken aus meinem Kopf zu bekommen, um diese mit anderen Menschen zu teilen. Ich habe dort eine kunterbunte Welt vor Augen, in der so viele schöne Sachen passieren, und die möchte ich einfach auch mit anderen erleben. Über die Kunst ist es mir möglich, einen Teil dieser Geschichten zu verbildlichen und somit sich selbst erzählen zu lassen.

Graffiti ist heute eine akzeptierte Kunstform. Was, glaubst du, kann Kunst im öffentlichen Raum?
Kunst im öffentlichen Raum kann für einen da sein. Zum Beispiel, wenn man um drei Uhr nachts alleine durch die Straße torkelt und verzweifelt nach unten auf den kalten Gehsteigrand sinkt; über die alten, löchrigen Schuhe auf den dreckigen Boden vor sich blickt und orientierungslos über das Leben nachdenkt und nicht weiß, wohin mit einem. Wenn der Blick langsam nach oben wandert und die wässrigen Augen eine besprühte Wand erahnen. Wenn man sich die Tränen aus den Augen wischt und den Rotz nach oben zieht und langsam das Bild erkennt. Dann, ja erst dann, wird man die vollen Gefühle meiner Bilder verstehen! Wenn dieselbe Person zehn Jahre später durch die gleiche dreckige Straße flaniert, ihr schönes Leben voll im Griff hat und alles erreicht hat, was es zu erreichen gibt, wird sie vor derselben Wand stehen und die intensiven Gefühle von damals wieder in Erinnerung haben. Sie wird das Bild fühlen und verstehen, was es ihr gegeben hat. Ganz gleich, wo jemand sich im Leben befindet, Murals im öffentlichen Raum sind omnipräsent, wie auch die Gefühle, welche sie im Menschen auszulösen vermögen. Fest verankert im Herzen bilden sie eine Verbindung zu Erlebnissen, die prägend sind. Und warum glaube ich, dass man meine Bilder erst am Tiefpunkt so richtig wahrnimmt? Weil es doch oft so ist, dass man die Dinge vergisst, die einen mal überglücklich gemacht haben, und die Tiefschläge des Lebens im Kopf bleiben. Wenn meine Bilder also zu dir finden, wenn du sie am meisten brauchst, werden sie da sein. Und du wirst sie verstehen. Deshalb finde ich Kunst bzw. Murals im öffentlichen Raum derart wichtig und wertvoll. Sie sind allgegenwärtig, einfach zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter erreichbar. Bewusst sowie unbewusst wirken sie auf Jung und Alt, auf Interessierte und aber auch auf jene Menschen, die von Kunst nichts wissen wollen. Dieser Kraft oder, besser gesagt, dieser Verantwortung sollte sich jeder Muralist bewusst sein und sie mit Würde schätzen.

 

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THUG LIFE
Das rebellische Kind ist ein Lausmensch, erfährt aber dennoch mütterliche Liebe.
Apothekergasse in Amstetten 2022

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CHALET AM STEG
Waidhofen/Ybbs 2022

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LADY GREY
Landhaus, St. Pölten 2022

Deine fotorealistischen Werke, wie zum Beispiel das „Lausmensch“ oder das Mural der nachdenkenden Frau auf einem Brückenpfeiler neben der Ybbs, sind nicht nur Graffitis, sie erzählen Geschichten. Sind das deine versteckten Botschaften an die Welt?
Sie sollen auf jeden Fall zum Nachdenken anregen und dem Betrachter einen schönen Moment bereiten. Jedes der Bilder hat seine eigene Bedeutung und ist auf den jeweiligen Ort, wo es gesprüht ist, abgestimmt. Dennoch finde ich es schön, wenn jeder seine eigenen Storys hineininterpretiert.

Du nimmst an Street Art Festivals teil, stellst in tollen Locations, wie dem Kunstsalon im Schloss Schönbrunn, aus, warst gerade für den Art-Award der Berufsvereinigung für bildende Künstler nominiert. Was bedeuten dir diese Anerkennungen?
Ich bin noch lange nicht am Ziel angekommen, aber es fühlt sich sehr wertschätzend an, und das freut mich wirklich. Jeder, der mich privat kennt, weiß, dass ich ein sehr sensibler Mensch bin und recht bescheiden damit umgehe.

Der zurzeit berühmteste GraffitiSprayer und Streetart-Künstler ist ein Brite, bekannt unter dem Pseudonym Banksy. Seine Bilder erkennt man meist an der Ratte. Benützt du auch ein Lieblingsmotiv, welches dich als Sprayer erkennbar und unvergleichlich macht?
Die Entstehung der eigenen künstlerischen Handschrift ist ein sich immer weiterentwickelnder Prozess, der sich über die gesamte Laufbahn erstrecken kann. Im Allgemeinen sprühe ich figurale Werke und setze diese gerne mit harten, abstrakten Elementen in Szene. Dadurch wirken meine Arbeiten sehr dynamisch und modern, was wiederum meinen Stil ausmacht.

Du hast Sozialpädagogik studiert, machst Spray-Projekte mit Schulklassen und Graffiti-Workshops für Jung und Alt. Was willst du weitergeben?
Meine Weisheit, die ich oft weitergebe, wenn jemand über das Resultat zweifelt, ist: „Nur leere Dosen sind wahre Dosen. Nicht aufgeben, sondern weitermachen.“ Das Leben soll Freude bereiten, und das kann man mit einer Spraydose in der Hand sehr leicht erreichen.

Kann man eigentlich bei dir auch ein Kunstwerk in Auftrag geben?
Ja, klar! Ich lebe davon, Auftragsarbeiten zu sprühen und auf die Wünsche meiner Kunden einzugehen. Dabei ist es ganz egal, ob es sich um eine große Hausfassade oder ein kleines Leinwandbild handelt.

Wie würdest du deine ganz persönliche Utopie formulieren?
Gefühle zu fühlen und diese zu zeigen ist keine Schwäche.

Wenn Sie RoxS folgen wollen:
https://roxs.at
Instagram: roxs_love

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DAS YBBSKIND
träumt an der Weitmannbrücke in Waidhofen/Ybbs.

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SCHATTIGES PLATZAL
Oder „Schön zum Baden“ Waidhofen/Ybbs 2022

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SPRAY ARTIST
Die Kunst, Gefühlen Form zu geben