People | 11.11.2022
Ein Hupfer ins Leben
Alles fing mit dem Großvater an. Er war – wenn es auch die Lebensumstände in den 1920ern, 30ern nicht als Hauptberuf zuließen – sozusagen der erste Performer in der Familie, der Katharina Hohenberger inspirierte. Die Schauspielschule Krauss hatte er besucht, mit späteren Stars wie Gusti Wolf. Es gibt sogar einen vom Filmmuseum restaurierten Ganovenfilm namens „Der grüne Kakadu“, in dem der Opa die Hauptrolle spielt.Auch Katharinas Eltern liebten die Musik immer schon, ihr Vater auch das Rampenlicht dazu. Die Tochter war in ihren wilden 20ern, teilweise noch Schauspiel und Gesang studierend, aber schon in szenischen Produktionen, als der Herr Papa sie für das Musizieren auf der Bühne begeisterte. Als „cool“ galt das Wiener Lied damals zwar noch nicht, die junge Künstlerin fing dennoch Feuer. So machten Vater und Tochter viele Bühnen unsicher, während er abseits davon Richter war und sie eben auch Schauspielerin.Mittlerweile tanzt Katharina Hohenberger auf noch mehr Kirtagen, und der Herr Papa sitzt stolz 81-jährig im Publikum, wenn sie als Frontfrau von „Wiener Brut“ das vierte Album veröffentlicht. Was davor und dazwischen geschah …
NIEDERÖSTERREICHERIN: Eure Lieder stammen zum Großteil aus deiner Feder. Wie entstehen sie?
Katharina Hohenberger: Manchmal erlebe ich Dinge, manchmal finde ich etwas witzig, dann setze ich mich fokussiert hin, um einen Text zu schreiben. Erst danach kommt die Melodie.
Was ist dir wichtig bei den Liedern?
Dass ich die passenden Worte im Dialekt finde. Er ist weicher als die Hochsprache, fügt sich schöner in die Melodie ein. Meine Lieder sind meistens sehr persönlich; es geht um Dinge, die mich beschäftigen. Aber selbst ernste Themen versuche ich, humoristisch zu lösen: wie mit dem Song „Coronicals“; da dauerte mir die Krise schon zu lang, um sie zu negieren (lacht).„A Achtl“ erzählt von Persönlichkeiten, die eigenartig zu Tode gekommen sind. Trotzdem ist es ein positives Lied. Es geht darum, dass wir nie wissen, was morgen passiert und es umso wichtiger ist, im Augenblick zu leben. Ich hab‘ als Kind urviel Blödsinn gemacht, es ist wichtig, dass man das Kind in sich behält, die Freude am Ungewissen, die Neugier – gerade in der jetzigen unsicheren Zeit. Deswegen der Albumtitel „Was morgen is“.
… und deswegen auch das Coverbild.
Das ist ein Gemälde von einem befreundeten bildenden Künstler, von Thomas Weinberger. Ich habe mir das vor Jahren gekauft, für mich war das so schön verrückt: Da springt jemand irgendwohin, und zwar mit dem Gewand. Das ist so ein Freiheitsbild.
Du hast Schauspiel und Jazzgesang studiert. Wie fing alles an?
Ich hab‘ schon im Kirchenchor gesungen, später wollte ich die Geige forcieren. Dann war ich aber an einer Schule mit lauter Superstars, Julian Rachlin war mit mir in der Klasse. Daraufhin habe ich die Violine in den Koffer gelegt, zehn Jahre nicht rausgeholt und mich lieber auf Gesang und Schauspiel konzentriert (lacht).
Mit deiner Liebe zum Wiener Lied warst du mit Mitte 20 noch eine Exotin. Was mochtest du daran?
Mein Vater konnte alle Lieder auswendig und hat sie mir beigebracht. Meine Freunde haben gesagt: Was singst du da Schmalziges? Aber ich fand‘s schon damals lustig. Auf der Bühne mit Papa konnte ich auch das Schauspielerische gut einbinden. Kein Regisseur hat mir gesagt, wie ich zu tun habe. Ich konnte selbst gestalten, das hat so Spaß gemacht.
Zunächst habt ihr gecovert, ab dem zweiten Album aber schon eigene Lieder geschrieben, bis der Papa ankündigte, sich allmählich zurückzuziehen.
Er hat immer gesagt: Schau dich um, ich lebe nicht ewig. Als ich dann den Schritt wirklich gemacht habe, war es emotional nicht einfach, aber richtig.
Wie war es, mit dem Papa zu arbeiten?
Irrsinnig schön und irrsinnig anstrengend (lacht). Wir konnten intensiv streiten. Aber das Schöne ist, wenn man innerhalb der Familie zusammenarbeitet, kann man sich auch verzeihen.
Man muss sich auch nicht verstellen.
Das tue ich sowieso nicht, ich bin authentisch, das mögen die Leute.
Es gibt ein witziges YouTube-Video von dir, bei dem dich Satire-Reporter Peter Klien bei einem Konzert besucht. Du bist ganz schön schlagfertig …
Ja, ich hab‘ total Spaß daran, mit den Menschen in Kontakt zu sein, sie aus der Reserve zu locken. Auch nach den Konzerten rede ich sehr gerne mit ihnen, das ist es ja, was einen pusht.
Du bist auch Kulturmanagerin. Welche Projekte machst du aktuell?
Ich veranstalte seit bald zehn Jahren die Wiener Liedreihe „Einedrahn“. Das sind in etwa einmal monatlich Konzerte im Café am Heumarkt, anschließend gibt es Künstlergespräche. Zu dritt kuratieren wir außerdem die „Kulturwelle“ im Haus des Meeres.
Du bist seit fast 20 Jahren Wahl-Niederösterreicherin. Wie kamst du nach Lunz am See?
Wir konnten ein schönes altes Haus von der Familie meines Mannes übernehmen, teilweise stammt es aus dem 17. Jahrhundert, somit sind wir immer am Renovieren (lacht).
Was magst du dort?
Ich liebe das Wandern und die Berge. Ich gehe auch sehr gerne allein, das entspannt mich. Ich kann noch so vergrübelt sein, wenn ich dort oben bin, ist alles nicht mehr so wichtig.
Wie bist du als Mutter?
Cool und lustig, sagen meine Töchter (14 und 16, Anm.) Und manchmal peinlich, wenn ich in der U-Bahn singe (lacht). Aber ich lasse sie, sie lassen mich; wir haben ein gutes Verhältnis.
Du sagst, dass du ein recht positiver Mensch bist. Wie gelingt dir das?
Selbstironie finde ich gut, und sich selbst immer wieder zu korrigieren, zu schauen, wo stehe ich gerade, nehme ich mich eh nicht zu wichtig? Schwierige Zeiten kennen wir alle, aber ich versuche, an die schönen Dinge nicht nur zu
denken, sondern auch aktiv zu sein. Vom Reden und Schauen ändert sich nix, manchmal muss man einen Schritt
setzen …
… oder hupfen.
Infos und Konzerttermine:
Gewinnt eine brandneue CD!
Das neue Album „Was morgen is“ von Wiener Brut ziert passenderweise Thomas Weinbergers malerische Huldigung von Mut; wir verlosen 3 CDs. Einfach hier klicken und mitspielen; Teilnahmeschluss ist am 22. November 2022.