People | 13.01.2023
Mit viel Wollen und Tun
Katja Fetty, die Tochter einer Arbeiter- und Künstlerfamilie aus Hollabrunn, ist diplomierte Keramikerin und Ofenbauerin sowie gelernte Buchhändlerin. Bianca-Maria Braunshofer, eine Waldviertler Bauerntochter, absolvierte eine Ausbildung zur Sozialpädagogin, bevor es sie zum Studium der Deutschen Philologie nach Wien zog. Sie arbeitete als Lektorin für diverse Verlage und war zuletzt in einer klassischen Wiener Sortimentsbuchhandlung tätig, wo die beiden Frauen im Jahr 2018 zu Kolleginnen wurden. Weil sie mit der Zeit zunehmend eigenständig kuratieren wollten, entschieden sie Ende 2021, die sicheren Angestelltenjobs an den Nagel zu hängen und die digitale Buchhandlung o*books aus dem Boden zu stampfen. Nun eröffnete das Power-Duo in der Bruno-Marek-Allee 24/1 im Wiener Nordbahnviertel eine Buchhandlung, in der sie neben der klassischen auch einen Fokus auf die Literatur von marginalisierten Stimmen sowie auf Kinder- und Kochbücher legen.
NIEDERÖSTERREICHERIN: Wie ist es euch gelungen, mit geringem Budget ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Bianca-Maria: Katja und ich waren von Anfang an so überzeugt von unserem Konzept, dass es eigentlich gar nicht möglich war, dieses Unternehmen nicht zu gründen. Wir wollten u.a. Stimmen in der Literatur, die nie gehört werden, sichtbar machen. Es gäbe ja viele Möglichkeiten, diese Themen auf eine gesellschaftsrelevante Ebene zu heben, aber für uns hat sich herauskristallisiert, dass wir das mit dem Buchhandel wohl am besten können und auch lieben. So romantisch das klingt, so realistisch müssen wir aber auch sagen: Mit eisernem Willen und mit enorm viel Support von sehr vielen Menschen haben wir es trotz Pandemie geschafft. Uns treibt das Medium Buch an, das uns alle durch unterschiedlich schwere Zeiten trägt. Außerdem wollen wir mit Hilfe der Literatur zeigen, wie verschiedene Formen der Ungleichheit oft zusammenwirken und sich gegenseitig verschärfen. Wir wollen mitgestalten und haben entschieden, dass wir den Kopf nicht in den Sand stecken. Wie sollen wir denn miteinander leben und füreinander da sein und auch für Menschen einstehen, die vielleicht nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, wenn man selbst nicht aktiv wird? Wir geben uns nicht zufrieden mit Unkenrufen über das Sterben des Buches und auch nicht mit den unfairen Bedingungen, die zwischen den Geschlechtern an beiden Enden der Genderskala sowie auch mittendrin herrschen. Mit einer Buchhandlung und entsprechenden Events kann man auf jeden Fall etwas erreichen, und wir hoffen natürlich auch, dass uns geglaubt wird, wenn wir sagen: Die Kinder lesen, geben wir ihnen die Bücher, die sie repräsentieren, damit sie auch weiterhin gerne lesen!
Auch eure Freundinnen spielten bei der Gründung eine große Rolle ...
In den sozialen Medien ist Bianca mit vielen anderen Frauen vernetzt, darunter waren auch einige bekannte Namen von Influencerinnen, die viel Support geboten haben. Die Bekanntheit ist extrem schnell gestiegen, als Biancas beste Freundin ein Buch herausgebracht und beschlossen hat, dass wir die Buchhandlung sein werden, die es vertreibt. Aber auch Freundinnen, die eher im Hintergrund waren, haben an unsere Idee geglaubt und uns mit Raum, Zeit und Wissen unterstützt.
Was unterscheidet euer Konzept von einer klassischen Buchhandlung?
Wir glauben, dass wir sowohl ein klassisches Sortiment haben, aber auch einen besonderen Fokus auf marginalisierte Stimmen legen können. Wir bieten individuelle Beratung an und zudem Buch-Abos, wo wir Bücher eigenhändig nach individuellen Vorlieben auswählen, verpacken und versenden. Und wir legen sehr großen Wert auf unseren Online-Auftritt, wo wir weiter daran tüfteln, wie das Online-Bücher-Shoppingerlebnis noch angenehmer werden kann.
Unsere Welt wird immer digitaler. Werden die E-Books das haptische Vergnügen an einem Buch ersetzen?
Ganz ehrlich, das glauben wir überhaupt nicht. Das „haptische Vergnügen“ ist ja schon in der Frage impliziert! Wir machen seit Jahren die Erfahrung, dass Leser vor allem auch in gedruckten Büchern lesen wollen, selbst wenn E-Reader viele Vorteile bringen. Die Zahlen belegen das auch. Wir haben allerdings auch gerade einen Vertragsabschluss mit einem E-Book-Lieferanten, sodass wir da auch mitspielen können. Unlängst hat eine Kundin gefragt, ob wir unser Buch-Abo auch als E-Book-Abo anbieten. Und ja, das machen wir auch sehr gerne. Die Affinität zum Digitalen ist jedenfalls bei einer von uns sehr stark da, schließt aber die Liebe zum Traditionellen, Analogen keineswegs aus.
Was sind eure Pläne für die Zukunft?
Für uns persönlich? Wir wollen beide im Handstand lesen können! Aber im Ernst: Wir haben nichts dagegen, uns zu vergrößern, das soll aber auch organisch wachsen. Und für o*books an sich haben wir eine starke Zukunft geplant. Der Onlineshop bekommt einen ganz neuen Auftritt, weil wir selbst auch gerne Alternativen zu den großen Online-Anbietern sehen würden. Unser Motto ist ja unter anderem: Wir sind alle verschieden, und so verschieden, wie wir sind, so unterschiedlich sind auch unsere Lebenswelten. Diese in Büchern abzubilden und in Geschichten wiederzufinden, die auch unsere Fantasie anzapfen, ist doch eines der schönsten Dinge, die es gibt.